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Osnabrücker Kunstprojekt wird im Reichstag präsentiert 

Von Klaus Grimberg | Originalbeitrag

Berlin. 31 Arbeiten, die nach einer Idee des Osnabrücker Künstlers Volker-Johannes Trieb entstanden, sind nun in einem Ausstellungsraum im Berliner Reichstagsgebäude zu sehen, unmittelbar neben dem Plenarsaal.

31 gleichgroße Quader aus Eichenholz, geschlagen in einem elsässischen Wald, der vor gut 100 Jahren zu den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges zählte: Das war die Ausgangssituation. Künstlerinnen und Künstler aus allen Ländern, die an dem mörderischen Blutvergießen zwischen 1914-18 beteiligt waren, bekamen einen dieser Quader von 30 cm Seitenlänge, um sich mit oder an ihm mit dem Krieg und seinen Folgen auseinanderzusetzen.

Erwartungsgemäß sind die Künstlerinnen und Künstler mit der gestellten Aufgabe sehr unterschiedlich umgegangen. Die Holzquader, in denen zum Teil noch Spuren von Geschossen des Krieges sichtbar waren, wurden bemalt oder bedruckt, zerstückelt oder zerschreddert, verbrannt oder beschossen, manchmal aber auch nur als Sockel benutzt. Manche Bearbeitungen erschließen sich im Kontext von Krieg und Zerstörung, Gewalt und Tod auf den ersten Blick, andere bleiben enigmatisch und unzugänglich. Verblüffend ist, wie viele kreative Wege es gibt, sich mit einem Stück Holz vor dem Hintergrund des großen Mordens zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen.

Die Australierin Fiona Hall etwa hat den Block in dünne Eichenbretter geschnitten und daraus einen Sarg gezimmert, auf dem eine verkohlte Kinderwiege steht – eine der Arbeiten, die sehr unmittelbar auf Tod und Verlust durch den Krieg eingeht. Beim Neuseeländer David McCracken ist indes von dem Holzklotz nichts geblieben, er hat ihn zu Holzwolle zerfräst, mit der er eine große Transportkiste auskleidet. In ihr liegt eine rot-silbern glänzende Bombe, drapiert wie ein Fetisch, bereit, ihre zerstörerische Kraft an irgendeinem Ort zu entfesseln. So als habe die Menschheit nichts aus dem Spuren des vorangegangen Krieges gelernt.

Einige Künstler wie der Brite Tony Cragg gehen sehr reduziert mit dem Quader um. Cragg zerteilt in sechs Holzscheite, die er zu zwei Gruppen arrangiert, einer naturbelassenen und einer weiß bemalten. Stehen sich diese beiden Gruppen feindlich gegenüber? Oder lassen sie sich trotz der Verwundungen wieder zusammenfügen? Ähnliche Fragen wirft die Arbeit des Armeniers Jean Boghossian auf. Er hat in das Innere des Blocks ein Relief geschnitten. Die zwei entstandenen Hälften passen genau aufeinander, Boghossian aber hat sie leicht voneinander entfernt aufgestellt. Es braucht also einen Antrieb, einen Willen, um die passenden Hälften wieder zusammenzufügen.

Der niederländische Kurator Mattijs Visser konnte für das Projekt etliche namhafte Künstlerinnen und Künstler gewinnen, darunter Anish Kapoor, Hermann Nitsch oder Günther Uecker. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für die Ausstellung mit dem Titel „1914/18 – Damals nicht. Jetzt nicht. Niemals“ fragten die Initiatoren des Kunstprojekts auch im Deutschen Bundestag an – und stießen dort auf offene Ohren. „Wir waren im Haus ohnehin auf der Suche nach einer Ausstellung, die zur Gedenkstunde des Bundestages anlässlich des Kriegsendes vor 100 Jahren passen würde“, sagt Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung im Deutschen Bundestag, „insofern passte die Idee aus der Friedensregion Osnabrück genau zu unseren Vorstellungen.“

Unterstützt wurde die Ausstellung von zahlreichen Institutionen und Unternehmen aus der Region Osnabrück; an der Universität und der Hochschule Osnabrück finden im laufenden Wintersemester pädagogische Begleitprojekte statt. Die Präsentation im Bundestag, die von dessen Präsident Wolfgang Schäuble persönlich eröffnet wurde, ist insofern auch eine Visitenkarte für die Stadt Osnabrück und ihr Selbstverständnis als Friedensregion. Bis Anfang Januar ist die Schau noch im Bundestag zu sehen, danach zieht das Signal für Verständigung und Versöhnung aus Osnabrück weiter: Im Juni 2019 wurde die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der UN in deren New Yorker Hauptquartier gezeigt und soll auch dort ein Zeichen für ein friedliches Miteinander stehen.

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